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Der Romeo-und-Julia-Stoff in der Gestaltung William Shakespeares


Einführung

Unter den literarischen Stoffen, die seit Jahrhunderten immer wieder neue Bearbeitungen und Adaptationen erfahren haben, ist die Geschichte von Romeo und Julia, den Liebenden, die an der Feindschaft ihrer Familien zugrundegehen, zweifellos einer der bekanntesten. Im 20. Jahrhundert war es insbesondere Leonard Bernstein, der dem Stoff mit seinem Musical West Side Story (1956) zu großer Popularität auch beim breiten Publikum verholfen hat; im 19. Jahrhundert gelang Gottfried Keller Ähnliches mit seiner Novelle Romeo und Julia auf dem Dorfe (1856). Die klassische, in ihrer Bekanntheit bis heute unübertroffene Gestaltung des Stoffes stammt freilich von William Shakespeare; seine Tragödie Romeo and Juliet, die um 1595/96 entstand,[1] wurde zum Vorbild und Maßstab für alle späteren Fassungen, und ihr ist es auch zu verdanken, dass die Namen Romeo und Julia geradezu zum Synonym für ein leidenschaftliches Liebespaar geworden sind.

Allerdings hat auch Shakespeare die Geschichte nicht erfunden; auch er bediente sich – wie bei den meisten seiner Dramen – einer fremden Vorlage. Tatsächlich war der Romeo-und-Julia-Stoff, als Shakespeare sich ihm zuwandte, bereits etwa 120 Jahre alt und lag in mindestens elf verschiedenen Fassungen (sechs italienischen, drei französischen und zwei englischen) vor;[2] das Hauptmotiv mag sogar bis auf antike und mittelalterliche Sagen zurückgehen.[3] Während jedoch alle diese frühen Versionen heute weitgehend vergessen sind, gilt Shakespeares Bearbeitung noch immer allgemein als Meisterwerk, ja sie ist – neben Hamlet – das beliebteste Drama Shakespeares überhaupt.[4] Der Grund hierfür kann nicht nur im allgemeinen Prestige des Dichters zu suchen sein; auch die Tragödie selbst muss Qualitäten aufweisen, die sie über die älteren Bearbeitungen des Stoffes hinausheben. Es ist daher zu fragen, worin sich Shakespeares Fassung von ihren Vorgängern unterscheidet.

In der vorliegenden Arbeit soll dieser Frage nachgegangen werden. Das erste Kapitel gibt zunächst einen kurzen Überblick über die Geschichte des Stoffes vor Shakespeare; im zweiten Kapitel soll dann ein ausführlicher Vergleich zwischen dem Werk Shakespeares und seiner Hauptquelle, der Verserzählung The Tragicall Historye of Romeus and Juliet von Arthur Brooke, unternommen werden, wobei auf die äußere Struktur (Proportionen, Zeitgerüst), auf den Handlungsverlauf (Szenenfolge, Details) und auf die Personencharakterisierung einzugehen sein wird. Zu Beginn des Kapitels soll außerdem die Frage geklärt werden, ob Shakespeare neben Brookes Gedicht noch weitere Frühfassungen gekannt und benutzt hat.


Zur Geschichte des Stoffes vor Shakespeare

Der Romeo-und-Julia-Stoff in seiner uns bekannten Form stammt aus der italienischen Novellenliteratur der Renaissance; einzelne Züge lassen sich jedoch bis zu antiken und mittelalterlichen Vorbildern zurückverfolgen. So treten etwa das Motiv der unbedingten, alle äußeren Hindernisse überwindenden Liebe, das Motiv der Trennung der Liebenden und das Motiv des Selbstmordes der Frau nach dem Tod ihres Geliebten auch in den Sagen von Hero und Leander, Pyramus und Thisbe und Tristan und Isolde – den vielleicht bekanntesten Liebesgeschichten der Weltliteratur – auf;[5] Simrock nimmt daher eine „uralte Liebessage, die in vielen Gestalten umgeht und sich immer wieder von Neuem zu erzeugen scheint“,[6] als gemeinsame Quelle aller dieser Erzählungen an.

Auch in den Ephesiaka des griechischen Dichters Xenophon von Ephesos (2./3. Jh. n.Chr.) findet sich eine dem Romeo-und-Julia-Stoff verwandte Fabel. Xenophon berichtet von zwei jungen Menschen namens Antheia und Habrokomes, die sich bei ihrer ersten Begegnung ineinander verlieben und kurze Zeit später heiraten. Durch bestimmte äußere Umstände werden sie bald voneinander getrennt. Antheia gerät in die Hände von Räubern, wird aber von einem gewissen Perilaos befreit. Als dieser sie zu heiraten wünscht, besticht Antheia einen armen Arzt, um von ihm ein Gift zu erhalten, mit dem sie sich umbringen kann. Der Arzt gibt ihr jedoch – ohne ihr Wissen – lediglich einen Schlaftrunk. An ihrem Hochzeitstag nimmt Antheia den Trank zu sich und wird ohnmächtig; man hält sie für tot und bestattet sie in einer Gruft, wo sie wenig später erwacht und von Grabräubern verschleppt wird. Inzwischen erfährt Habrokomes von ihrem angeblichen Tod und eilt zu ihrem Grab, das er leer vorfindet. Nach vielen weiteren Wechselfällen und Abenteuern werden die Liebenden schließlich wieder miteinander vereint.[7]

Der Romeo-und-Julia-Stoff im engeren Sinne begegnet zum ersten Mal – wenn auch mit anderen Namen – im Novellino (1476) des Italieners Masuccio Salernitano (eig. Tommaso Guardati, um 1410–1475). Fast alle wesentlichen Züge der späteren Gestaltungen sind hier bereits vorgeprägt. Masuccio erzählt die Geschichte zweier Liebenden aus Siena namens Mariotto und Giannozza, die sich aus nicht näher bezeichneten Gründen nicht öffentlich zu ihrer Liebe bekennen können und sich deshalb heimlich von einem bestochenen Mönch trauen lassen. Wenig später gerät Mariotto mit einem angesehenen Bürger der Stadt in Streit, erschlägt ihn, wird verbannt und flieht zu seinem Onkel nach Alessandria. Inzwischen will Giannozzas Vater diese zur Heirat mit einem von ihm ausgesuchten Freier zwingen. Giannozza beschafft sich daraufhin von dem Mönch, der sie getraut hat, einen Schlaftrunk, der sie für drei Tage in einen todesähnlichen Zustand versetzen soll. Sie schickt Mariotto einen Brief, in dem sie ihren Plan erläutert, trinkt das Mittel, wird für tot gehalten und in der Familiengruft beigesetzt. Der Mönch befreit sie nachts aus der Gruft, und sie flieht mit ihm nach Alessandria. Mariotto hat inzwischen die Nachricht von Giannozzas „Tod“, nicht jedoch deren Brief erhalten; er kehrt als Pilger verkleidet nach Siena zurück und wird bei dem Versuch, Giannozzas Gruft zu öffnen, verhaftet. Man verurteilt ihn zum Tode, und er wird hingerichtet. Drei Tage später trifft Giannozza, die ihren Gemahl in Alessandria vergeblich gesucht hat, wieder in Siena ein. Als sie von Mariottos Hinrichtung erfährt, geht sie in ein Kloster, wo sie bald darauf vor Schmerz stirbt.[8]

Luigi da Porto (1485–1529) erzählt in seiner Historia novellamente ritrovata di due nobili amanti (um 1530) dieselbe Geschichte, verlegt aber den Ort der Handlung nach Verona und nennt die Liebenden Romeo und Giulietta. Als Grund für die Unmöglichkeit einer offiziellen Heirat führt er das Motiv der Feindschaft zwischen den beiden Familien ein (deren Namen – Montecchi und Cappelletti – Dantes Divina Commedia [Purgatorio VI.106] entlehnt sind, wo sie als Beispiel für einen Konflikt zwischen zwei Geschlechtern angeführt werden). Verstärkt wird die Kluft bei da Porto noch dadurch, dass Romeo nicht irgendeinen Bürger, sondern Giuliettas Vetter Thebaldo erschlägt. Die Handlung setzt ein mit einem Ball im Hause Cappelletti, den Romeo besucht in der Hoffnung, eine von ihm angebetete Dame, die ihn jedoch bisher zurückgewiesen hat, zu sehen. Stattdessen trifft er nun Giulietta. Die beiden verlieben sich auf den ersten Blick ineinander und werden nach einiger Zeit und einigen heimlichen Begegnungen von einem Mönch namens Lorenzo (der sich von der Heirat eine Versöhnung der Familien erhofft) im Geheimen getraut. Einige Tage später kommt es zu einem Handgemenge zwischen Angehörigen der beiden Familien, in dessen Verlauf Romeo Thebaldo Cappelletti erschlägt, sodass er nach Mantua fliehen muss. Giuliettas Trauer und Schmerz wird von ihren Eltern als Sehnsucht nach einer Heirat gedeutet, und sie beschließen, ihre Tochter einem gewissen Conte di Lodrone zur Frau zu geben. Um dem zu entgehen, nimmt Giulietta einen von Bruder Lorenzo bereitgestellten Schlaftrunk zu sich, dessen Wirkung 48 Stunden anhält. Ihre diesbezügliche Nachricht an Romeo erreicht diesen jedoch nicht, da der Bote ihn in Mantua nicht antrifft. Stattdessen erfährt Romeo von dem angeblichen Tod Giuliettas; er reist sogleich nach Verona und vergiftet sich in Giuliettas Gruft. Noch bevor er stirbt, erwacht Giulietta aus ihrem Schlaf; die beiden reden ein letztes Mal miteinander, bis Romeo tot zu Boden sinkt. Giuliettas Tod folgt unmittelbar: Sie lehnt Bruder Lorenzos Rat, in ein Kloster zu gehen, ab und begeht Selbstmord, indem sie den Atem anhält. Als die Eltern der beiden Liebenden von deren Tod erfahren, erklären sie sich zur Versöhnung bereit. – Da Portos Veränderungen gegenüber Masuccio betreffen vor allem den Beginn und den Schluss der Erzählung: Romeo und Giulietta, die verfeindeten Adelsgeschlechtern angehören, lernen sich auf einem Ball kennen, und beide sterben durch Selbstmord (wobei Giulietta ihre Gruft – anders als bei Masuccio – nicht mehr verlässt). Neu bei da Porto ist auch die Balkonszene, die zur Verlobung Romeos und Giuliettas führt, sowie die Figur des Marcucio, die aber noch nicht individuell ausgestaltet ist und der im Handlungsganzen nur eine untergeordnete Bedeutung zukommt.[9]

1554 erschien im zweiten Band der Sammlung Le Novelle del Bandello, deren Verfasser Matteo Bandello (1485–1561) zu den bedeutendsten Novellisten der Renaissance zählt, eine weitere Bearbeitung des Stoffes. Bandello glättete den Handlungsverlauf, tilgte die Unwahrscheinlichkeiten der früheren Fassungen und führte einige neue Motive und Figuren ein, so etwa die Gestalt der Amme sowie einen Freund Romeos, der Shakespeares Benvolio entspricht. Romeos unglückliche Liebe zu Beginn der Erzählung wird bei Bandello stärker betont als bei da Porto. Auf dem Fest im Hause Cappelletti, das Romeo in Begleitung einiger Freunde besucht, nimmt er seine Maske ab und wird erkannt, bleibt aber wegen seiner Jugend und seiner Schönheit unbehelligt. Beim Verlassen des Balls erkundigt er sich bei einem Freund nach dem Namen Giuliettas, in die er sich verliebt hat; ebenso fragt Giulietta ihre Amme nach dem Namen Romeos. Schon bei ihrer ersten Zusammenkunft am Fenster Giuliettas verloben die Liebenden sich miteinander, und Romeos Diener Pietro besorgt eine Strickleiter, mit deren Hilfe Romeo in Giuliettas Zimmer gelangt, um alles Nötige mit ihr zu besprechen. Die Hochzeitsnacht verbringen die Liebenden im Garten der Cappelletti. Nachdem Romeo Giuliettas Vetter Tebaldo im Kampf erschlagen hat, verbirgt er sich zuerst in Bruder Lorenzos Klosterzelle, bevor er nach Mantua in die Verbannung geht; Giuliettas Wunsch, ihn zu begleiten, weist er zurück, da er auf eine baldige Rückkehr hofft. Um eine Heirat mit dem Grafen Paris de Lodrone zu verhindern, nimmt Giulietta Lorenzos Schlaftrunk ein, auch wenn sie sich vor dem Erwachen in der Gruft fürchtet. Bruder Lorenzos Bote, der Romeo über Giuliettas Plan unterrichten soll, wird wegen Pestverdachts in Verona zurückgehalten; Romeo erfährt lediglich von dem vermeintlichen Tod seiner Geliebten. Er versucht zunächst, sich in sein Schwert zu stürzen, woran er jedoch von seinem Diener gehindert wird, eilt dann nach Verona zu Giuliettas Gruft und nimmt dort Gift. Als Giulietta erwacht, klagen die Liebenden sich gegenseitig ihr Unglück; Romeo bedauert den Tod Tebaldos und bittet Giulietta, sich dem Leben zuzuwenden. Diese jedoch stirbt kurz nach ihm ebenfalls vor Schmerz.[10]

Eine französische Bearbeitung Bandellos wurde 1559 von Pierre Boaistuau (Boiastuau, Boiaistuau, Boisteau; 1517–1566) veröffentlicht. Gegenüber ihren Vorgängern ist diese Fassung vor allem durch eine sentimentale und moralisierende Tendenz sowie durch eine Vorliebe für rhetorische Ausbrüche gekennzeichnet (Letztere zeigt sich beispielsweise in Juliettes langem Klagemonolog nach dem Tod Thibaults oder in Capellets Strafpredigt angesichts des Ungehorsams seiner Tochter). Als neue Figur führt Boaistuau den Apotheker ein; Veränderungen in der Handlung betreffen die Balkonszene (Rhomeo darf Juliettes Zimmer nicht vor der Hochzeit betreten) und insbesondere den Schluss der Erzählung: Als Juliette in der Gruft erwacht, ist Rhomeo bereits tot (somit fehlt der seit da Porto übliche letzte Dialog der Liebenden), und Juliette stirbt nicht mehr aus Liebesschmerz, sondern ersticht sich mit Rhomeos Dolch. Bei der anschließenden Untersuchung der Angelegenheit durch den Magistrat gibt Bruder Laurens einen langen Bericht über die Ereignisse; er wird daraufhin für unschuldig erklärt, während Juliettes Amme, die die Hochzeit geheimgehalten hat, verbannt und der Apotheker, der Rhomeo das Gift verkauft hat, gehängt wird.[11]

Auf Boaistuaus Erzählung basieren wiederum zwei englische Versionen: eine Übersetzung von William Painter (um 1540–1594), erschienen im zweiten Band seines Palace of Pleasure (1567), und eine Bearbeitung in Versen von Arthur Brooke († 1563) mit dem Titel The Tragicall Historye of Romeus and Juliet (1562). Während sich Painter inhaltlich und sprachlich sehr eng an die Vorlage anlehnt,[12] nimmt Brooke mehrere größere und kleinere Veränderungen am Stoff vor, die dessen dramatisches Potential bedeutend erhöhen. So fügt er etwa die beiden Gespräche über die Trauungsvorbereitungen – zunächst zwischen Romeus und der Amme, dann zwischen der Amme und Juliet – in den Handlungsverlauf ein, ferner Romeus’ lange, emotionsgeladene Unterredung mit dem Mönch nach Tybalts Tod und eine Darstellung der Verzweiflung Romeus’ im Exil in Mantua. Gelegentlich wandelt Brooke auch erzählende Passagen Boaistuaus in direkte Rede um, erweitert bereits vorhandene Reden oder fügt zusätzliche Dialoge ein, die dem Gedicht eine größere Lebendigkeit verleihen. Unter den Veränderungen in der Charakterzeichnung ist besonders die Gestalt der Amme hervorzuheben, die Brooke sehr naturalistisch als geschwätzige, vulgäre Alte darstellt; der Rat der Amme, Juliet möge Paris heiraten und gleichzeitig ihre Beziehung zu Romeus aufrechterhalten, ist Brookes Erfindung. Trotz dieser Vorzüge wirkt Brookes 3020 Verse umfassende Bearbeitung insgesamt recht langatmig, was zum einen auf den umständlichen Stil und die häufige Verwendung poetischer Gemeinplätze, zum anderen auch auf die schwerfällige metrische Form zurückzuführen ist (das Gedicht ist im poulter’s measure verfasst, d.h. in paargereimten, abwechselnd sechs- und siebenfüßigen Jamben). Vorangestellt hat Brooke seinem Werk eine moralisierende Vorrede, in der er das Tun der Liebenden als zügellos und ungehorsam verurteilt, doch scheint es sich dabei eher um ein pflichtschuldiges Lippenbekenntnis zur Abwehr etwaiger moralischer Kritik zu handeln, denn im Gedicht selbst zeigt Brooke sehr viel Verständnis und Sympathie für die beiden Protagonisten; ihre erste Liebesnacht kommentiert er mit den Worten “I graunt that I envie the blisse they lived in” (903),[13] und am Schluss rühmt er ihre Liebe als “perfect, sound, and [...] approved” (3012). Insgesamt steht Brookes Liebesdarstellung deutlich unter dem Einfluss von Geoffrey Chaucers Versroman Troilus and Criseyde (um 1385), mit dem das Gedicht auch die starke Betonung der Macht des Schicksals gemeinsam hat.[14]


Shakespeares Gestaltung des Stoffes

Vorlagen

William Shakespeare lernte den Romeo-und-Julia-Stoff höchstwahrscheinlich durch das Gedicht Arthur Brookes kennen. Ob er auch andere Bearbeitungen gekannt hat, ist nach heutigem Stand der Forschung zweifelhaft,[15] auch wenn es seit dem 19. Jahrhundert immer wieder Versuche gegeben hat, Abhängigkeiten von den frühen italienischen Novellenfassungen nachzuweisen. So geht etwa Karl Simrock in seiner „Sagenvergleichung“ zu Romeo and Juliet davon aus, dass Shakespeare neben Brooke auch Bandello und da Porto benutzt habe,[16] ohne dies aber am Text belegen zu können. Olin H. Moore unternimmt einen solchen Versuch für da Porto, indem er aufzeigt, dass Shakespeare an mindestens fünf wichtigen Stellen von allen anderen bekannten Versionen des Stoffes mit Ausnahme von da Porto abweicht:[17]

Moores Schlussfolgerung aus diesen Parallelen ist, dass Shakespeare da Portos Novelle offenbar gekannt und benutzt habe.[18] Allerdings hat sich diese Ansicht in der Shakespeare-Forschung kaum durchgesetzt;[19] zu wenig stichhaltig erschienen den meisten Interpreten Moores Indizien, als dass sie eine Abhängigkeit von da Porto überzeugend hätten nachweisen können, lassen sich doch Shakespeares Veränderungen gegenüber Brooke ebensogut auch als eigenständige psychologische Weiterentwicklungen deuten, die nur zufällig mit da Porto übereinstimmen.[20]

Einer der wenigen, die Moores Auffassung zu teilen scheinen, ist Kenneth Muir.[21] Muir sieht in der Tatsache, dass Shakespeares Romeo den Ball besucht, um Rosaline zu sehen, auch eine Parallele zu Boaistuau,[22] doch findet sich dieses Motiv bei Boaistuau gerade nicht, sondern nur bei da Porto. Weiterhin weist Muir auf zwei motivische Ähnlichkeiten zwischen Shakespeares Stück und einer früheren Dramatisierung des Stoffes, der Tragödie La Hadriana (1578) von Luigi Groto, hin: In der Abschiedsszene der Liebenden wird auch bei Groto eine Nachtigall erwähnt, und der Vater des Mädchens wird nach dessen Scheintod mit ähnlichen Worten getröstet wie der alte Capulet (vgl. IV.5.66–70).[23] Allerdings hält Muir selbst diese Übereinstimmungen letztlich für zu gering, um einen Einfluss Grotos auf Shakespeare belegen zu können.[24] Ähnliches gilt für eine weitere Dramenfassung des Stoffes, Lope de Vegas Castelvines y Monteses, die ebenfalls als Vorlage Shakespeares ins Gespräch gebracht wurde; dieses Stück erschien freilich erst 1647 im Druck.[25]

Von allen Romeo-und-Julia-Bearbeitungen, die in der Forschung bislang als mögliche Quellen Shakespeares in Erwägung gezogen worden sind, kann neben Brookes Tragicall Historye nur Painters Boaistuau-Übersetzung Rhomeo and Julietta mit einiger Wahrscheinlichkeit als Vorlage betrachtet werden, obwohl es auch hierfür nur wenige Anhaltspunkte gibt:

Ansonsten jedoch bleibt Painters Einfluss gering; die Hauptquelle Shakespeares war zweifellos Brooke, dessen Gedicht wesentlich ausführlicher ist als die Novelle Painters und daher zum einen fast alle Handlungselemente Painters mit umfasst und zum anderen durch die vorgenommenen Veränderungen zusätzliche dramatische Möglichkeiten bietet. Wir können uns deshalb im Folgenden auf einen Vergleich der Versionen Shakespeares und Brookes beschränken, ohne die Novellenfassungen berücksichtigen zu müssen.


Äußere Struktur

Shakespeare hat sich bei seiner Dramatisierung des Romeo-und-Julia-Stoffes überraschend eng an seine Vorlage angelehnt: Handlungsverlauf und Personeninventar entsprechen – sieht man einmal von Umstellungen und Änderungen im Detail ab – weitgehend dem Gedicht Brookes, dem Shakespeare sogar in der Formulierung an vielen Stellen folgt. Dieses Verfahren ist für Shakespeares Schaffensweise eher ungewöhnlich, geht er doch sonst recht frei mit seinen Quellen um und erlaubt sich „manche tief eindringende[n] Aenderungen und Abweichungen“.[30] Der enge Anschluss an die Vorlage im Falle von Romeo and Juliet mag zum einen in Shakespeares „jugendliche[m] Alter zur Zeit der Abfassung seines Dramas“[31] begründet liegen; zum anderen jedoch darf nicht übersehen werden, dass Shakespeare sich hier auf eine detailliert ausgearbeitete Erzählung stützen konnte, deren Umfang den eines Bühnenstücks deutlich übertraf, während er sonst häufig nur kurze Novellen oder Chroniken zur Verfügung hatte, die kaum mehr als ein dürres Handlungsgerippe boten. Es handelte sich für ihn also nicht darum, einer knappen Vorlage durch szenische Erfindung und Ausgestaltung zu dramatischem Leben zu verhelfen, sondern er musste ein weitschweifiges episches Gedicht zu einer fünfaktigen Tragödie verdichten; seine Aufgabe bestand nicht in einer Erweiterung, sondern in einer Kürzung des vorgefundenen Stoffes. Umso bedeutsamer sind freilich die Veränderungen, die er gegenüber Brookes Gedicht vornahm; sie sollen im Folgenden dargestellt werden.

Neben der metrischen Umgestaltung vom poulter’s measure zum Blankvers erforderte die dramatische Bearbeitung eines epischen Stoffes vor allem eine Anpassung an die klassischen Strukturprinzipien der fünfaktigen Tragödie. Der Höhepunkt der Handlung musste in die Mitte des Dramas, also in den 3. Akt, fallen, woraus sich für Shakespeare die Notwendigkeit einer Verschiebung der Proportionen gegenüber Brooke ergab. „Bei Brooke nehmen Werbung, Eheschließung, Hochzeitsnacht und Romeus’ Verbannung nur ein Drittel des Gedichts ein; der tragische Ausgang, Planungen, Klage und Katastrophe, werden über etwa 2000 Verse ausgedehnt.“[32] An diesem zweiten Teil musste Shakespeare also erhebliche Kürzungen vornehmen, um die dramatische Klimax – Tybalts Tod und Romeos Verbannung – ins Zentrum der Handlung zu rücken. Durch die Einführung einer neuen Eingangsszene und eine Veränderung der Schlussszene brachte Shakespeare überdies ein symmetrisches Moment in das Geschehen ein, das bei Brooke noch fehlte: Das Stück beginnt mit einer Schlägerei zwischen Angehörigen der verfeindeten Adelsgeschlechter; in der Mitte steht ebenfalls eine Kampfszene, die in der Tötung Tybalts durch Romeo und in dessen anschließender Verbannung kulminiert, und am Ende des Stücks findet die Versöhnung der beiden Familien statt. Diese drei Szenen, die auch im Aufbau einander sehr ähnlich sind – zuerst treten Angehörige der Familien, dann die Familienoberhäupter und Prince Escalus auf –, bilden gewissermaßen den öffentlichen Rahmen, innerhalb dessen sich die private Tragödie der beiden Hauptfiguren entfaltet: Im 1. Akt lernen sich Romeo und Juliet kennen; im 2. Akt finden Verlobung und Trauung statt, im 3. die Hochzeitsnacht; im 4. Akt nimmt die bedrängte Juliet das Schlafmittel, das sie scheintot macht, und im 5. Akt sterben beide durch Selbstmord. Dadurch, dass die drei öffentlichen, auf die Familienfehde bezogenen Szenen das Grundgerüst der Handlung bilden, tritt der Kontrast zwischen privater und politischer Sphäre, zwischen äußerer und innerer Welt und damit auch die Tragik der Liebe zwischen Romeo und Juliet umso deutlicher und wirkungsvoller hervor.

Eine weitere wesentliche Veränderung gegenüber Brooke betrifft die zeitliche Struktur des Geschehens. Bei Brooke erstreckt sich die Handlung über einen Zeitraum von etwa neun Monaten: sie beginnt um die Weihnachtszeit (vgl. 155) und endet kurz nach dem 10. September (dem vorgesehenen Termin für Juliets Hochzeit mit Paris; vgl. 2072). Von der ersten Begegnung Romeus’ und Juliets auf dem Ball bis zu ihrer Verlobung vergehen 1–2 Wochen (461); nach ihrer Hochzeit können die Liebenden ihr Glück 1–2 Monate lang heimlich genießen (949),[33] bevor „durch den Tod Tybalts und Romeus’ Verbannung ein jäher Umschwung eintritt“.[34] Auch zwischen Juliets Einverständnis zur Hochzeit mit Paris und ihrem vermeintlichen Tod nimmt Brooke wieder ein Intervall von etlichen Tagen an, während dessen Paris täglich als akzeptierter Bräutigam ins Haus der Capulets kommt (2277f.). Shakespeare dagegen drängt die gesamte Handlung auf einen Zeitraum von nur vier Tagen und Nächten zusammen, wodurch die Dramatik und Intensität des Geschehens erheblich gesteigert wird. Im Einzelnen stellt sich die Zeitstruktur bei ihm folgendermaßen dar[35] (die Handlung spielt nach I.3.15f. etwa Mitte Juli): 

1. Tag (Sonntag): Kampf zwischen den Capulets und Montagues, Paris’ Werbung um Juliet, Ball im Hause Capulet, Verlobung Romeos und Juliets im Garten der Capulets (I.1 bis II.2)
2. Tag (Montag): Vorbereitungen zur Trauung, Trauung, erneuter Kampf, Tod Tybalts und Verbannung Romeos, Capulets Zustimmung zur Werbung Paris’, Hochzeitsnacht Romeos und Juliets (II.3 bis III.4; vgl. III.4.18)
3. Tag (Dienstag): Abschied der Liebenden, Vorbereitungen für die Hochzeit Juliets mit Paris, Juliets Einnahme des Schlaftrunks (III.5 bis IV.3)
4. Tag (Mittwoch): Entdeckung und Beisetzung der scheintoten Juliet, Romeos Giftkauf und Rückkehr nach Verona (IV.4 bis V.2)
5. Tag (Donnerstag): Tod Paris’ im Kampf mit Romeo, Romeos und Juliets Selbstmord, Verhör Friar Laurences, Versöhnung der Familien (V.3)

Zu dieser extremen zeitlichen Raffung kommt eine Umstellung der Reihenfolge: Tybalts Tod und Romeos Verbannung fallen bei Shakespeare zwischen Trauung und Hochzeitsnacht, sodass sich das Glück der Liebenden auf eine einzige Nacht reduziert, die von Anfang an von der bevorstehenden Trennung überschattet ist. Im 4. Akt gelingt Shakespeare dann gegenüber Brooke nochmals eine Beschleunigung der Handlung und eine Steigerung der Spannung, indem er Capulet die Hochzeit Juliets mit Paris um einen Tag vorverlegen lässt, ein Umstand, der mit zum tragischen Ausgang des Stücks beiträgt. Der Eindruck von Schnelligkeit und Unaufhaltsamkeit, der das gesamte Werk durchzieht, wird zusätzlich verstärkt durch die häufige Verwendung von Wörtern wie “night” (68-mal), “day” (42-mal), “time” (33-mal), “hour(s)” (23-mal), “year(s)” (15-mal) oder “tomorrow” (15-mal)[36] sowie durch die Nennung von Wochentagen,[37] andererseits aber auch durch die Zusammendrängung längerer Zeitabschnitte auf eine einzige Szene, so etwa im Falle der Szene IV.2, wo Juliet eben von ihrer Morgenbeichte zurückgekehrt ist, als ihre Mutter bereits bemerkt: “’Tis now near night” (IV.2.39); die Szene umfasst somit nahezu einen gesamten Tag.

An zwei Stellen lässt Shakespeare allerdings die Sorgfalt, die er sonst auf die Herausarbeitung des Zeitgerüsts verwendet, vermissen. In Szene III.5, die am Morgen nach der Hochzeitsnacht spielt, bemerkt Lady Capulet gegenüber Juliet, dass der verbannte Romeo nun in Mantua lebe (III.5.88f.), was ihr zu diesem Zeitpunkt aber noch gar nicht bekannt sein kann, da nur Friar Laurence, die Amme und Juliet von diesem Plan Romeos wissen und Romeo Juliet überdies gerade erst verlassen hat. Der Grund für diese Ungenauigkeit Shakespeares liegt in seiner – zumindest was den Handlungsverlauf betrifft – engen Anlehnung an Brooke: Bei Brooke befindet sich Romeus längst in Mantua, als Capelet seine Tochter zur Ehe mit Paris zwingen will, und Lady Capelet ist über Romeus’ Aufenthaltsort informiert. Ein zweiter Chronologiefehler unterläuft Shakespeare bei der Angabe der Wirkungsdauer des Schlaftrunks. Nach Szene IV.3 nimmt Juliet den Trank in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch zu sich, und zwar spätestens um 3 Uhr morgens (vgl. IV.4.4); bei einer Wirkungszeit von 42 Stunden (IV.1.105) würde sie somit am Donnerstag kurz vor 21 Uhr aufwachen. Tatsächlich jedoch erwacht sie bereits im Morgengrauen des Donnerstags (vgl. V.3.189), also nach etwa 27 Stunden; gleichwohl wird dieser Zeitpunkt als “the prefixed hour of her waking” bezeichnet (V.3.253). Falls Shakespeare die Schlussszene am Freitagmorgen annimmt, ergibt sich eine Wirkungsdauer von 51 Stunden und damit ein zu langer Zeitraum. Hier liegt offensichtlich ein Versehen vor, für das Brookes Text nicht verantwortlich gemacht werden kann, denn dieser enthält, wie bereits erwähnt wurde, keine Angaben über die Wirkungszeit des Trunks; vermutlich hat sich Shakespeare hier an Painter angelehnt.


Handlungsverlauf

Prolog

Neben den bisher untersuchten Veränderungen in der äußeren Struktur hat Shakespeare auch im Detail manche Modifikationen vorgenommen. Er beginnt sein Werk – wie Brooke – mit einem Sonett, in dem wesentliche Elemente der Handlung knapp zusammengefasst werden. Während jedoch Brooke die Betonung auf die Liebesgeschichte legt und daher bereits hier Details wie die heimliche Trauung, Romeus’ Duell mit Tybalt, seine Verbannung, Juliets Schlaftrunk und die Todesarten der beiden Protagonisten erwähnt, stellt Shakespeare die öffentliche Ebene, den Streit zwischen den beiden Familien und dessen Vorgeschichte in den Mittelpunkt, ohne dabei auf Einzelheiten einzugehen. Die Liebe der beiden Hauptfiguren wird ausschließlich vor diesem familiären Hintergrund gesehen – Shakespeare hebt ihren tragischen Ausgang hervor (er bezeichnet die Liebe als “death-marked” [9], die Liebenden selbst als “star-crossed” [6]) und weist zweimal auf die Tatsache hin, dass der Tod der beiden Protagonisten die Feindschaft zwischen den Familien beseitigt habe (8,11). Das Sonett schließt mit einer der elisabethanischen Theaterkonvention entsprechenden captatio benevolentiae, in der das Publikum aufgefordert wird, „Schwächen des Stücks wohlwollend zu übersehen“.[38] Formal lehnt sich Shakespeare an den englischen Typus des Sonetts an (drei Vierzeiler und ein Zweizeiler), während Brooke die italienische Form (zwei Vierzeiler und zwei Dreizeiler) bevorzugt.


1. Akt

Auf das einleitende Sonett folgen bei Shakespeare vier Expositionsszenen, die im Wesentlichen seine eigene Erfindung sind. Brooke beginnt sein Gedicht mit einer Beschreibung der Herrlichkeit Veronas zur Zeit des Prinzen Escalus (1–15); danach schildert er kurz die Feindschaft zwischen den beiden Adelsgeschlechtern (25–50), bevor er ausführlich auf die unglückliche Liebe Romeus’ zu einer ungenannten Schönen zu sprechen kommt (57–100). Shakespeare dagegen führt dem Publikum in der 1. Szene den schon im Prolog betonten Familienstreit plastisch vor Augen und unterstreicht damit erneut die Bedeutung der öffentlichen Sphäre, die dem privaten Glück Romeos und Juliets entgegensteht. Außerdem lässt er Tybalt, den späteren Widersacher Romeos, bereits in der Eingangsszene als streitsüchtigen Anführer der jüngeren Capulets auftreten (Brooke erwähnt ihn erst anlässlich des Kampfes mit Romeo [965]); damit werden schon zu Beginn wesentliche Züge von Tybalts Charakter angedeutet und sein späterer Konflikt mit Romeo vorbereitet. Gegenübergestellt wird ihm in der 1. Szene die Figur des milden Benvolio, die bei Brooke noch nicht vorkommt; dort gibt es lediglich einen namenlosen älteren Freund Romeus’, der ein einziges Mal im Zusammenhang mit dessen unglücklicher Liebe erwähnt wird. Das Gespräch zwischen diesem Freund und Romeus (101–150) bildet die Grundlage für Shakespeares Gespräch zwischen Benvolio und Romeo im zweiten Teil der 1. Szene (I.1.159–237). Das Ergebnis der Unterredung ist jedoch verschieden: Während Brookes Romeus auf die Aufforderung seines Freundes, „sich unter den Schönen Verona’s umzusehen, um seine gegenwärtige hoffnungslose Liebe zu vergessen“,[39] bereitwillig eingeht (141–150), weist Shakespeares Romeo diesen Vorschlag zurück, da nach seiner Überzeugung keine Frau mit Rosaline zu vergleichen ist (I.1.227–336).

Wurde in der 1. Szene Romeos öffentlicher Gegenspieler Tybalt vorgestellt, so beginnt die 2. Szene mit dem Auftritt seines privaten Gegenspielers Paris. Auch dies ist eine Neuerung Shakespeares – bei Brooke wird Paris erst nach Romeus’ Verbannung als von Capelet ausgesuchter Freier eingeführt (1881f.), während Shakespeare ihn schon zu Beginn der Handlung um Juliet werben lässt, bevor sich Romeo und Juliet überhaupt kennengelernt haben, sodass deren Liebe nicht nur auf der öffentlichen, sondern auch auf der privaten Ebene von vornherein bedroht ist. Shakespeare verknüpft Paris’ Werbung mit der Einladung zu Capulets Fest; die daran anschließende burleske Szene des Dieners, der Capulets Einladungzettel nicht lesen kann und deshalb die Hilfe Romeos in Anspruch nimmt, entwickelt er aus Brookes knapper Andeutung, Capelet habe einige Gäste schriftlich eingeladen (162). Am Ende der Szene lässt Shakespeare Romeo nochmals beteuern, dass keine andere Frau ihn in seiner Liebe zu Rosaline beirren könne; wenn er sich dennoch entschließt, auf Benvolios Rat hin den Ball im Hause Capulet zu besuchen, so geschieht dies nicht, um Rosaline zu vergessen – wie bei Brooke –, sondern um sie zu sehen (I.2.88–93,100f.).

Auch die Szenen I.3 und I.4 entstammen weitgehend der Phantasie Shakespeares. Während Brooke auf das Gespräch zwischen Romeo und seinem Freund sogleich die Ballszene folgen lässt (155–364), führt Shakespeare zuvor noch Juliet in ihrer häuslichen Umgebung vor, wobei besonders der Gegensatz zwischen ihrer „naive[n] Unschuld“ und der „erfahrenen Frivolität“[40] der Amme hervorgehoben wird. Der Bericht der Amme über Juliets Kindheit findet sich in ähnlicher Form bereits bei Brooke, dort jedoch im Gespräch zwischen der Amme und Romeus vor der Eheschließung (653–660). Für die Unterredung Lady Capulets mit ihrer Tochter über die Werbung Paris’ gab es bei Brooke an dieser Stelle selbstverständlich noch keine Vorlage; Shakespeare intensiviert hier den Aspekt der Bedrohung der Liebe Romeos und Juliets, stellt aber zugleich auch eine auffallende Parallele zwischen den beiden Hauptfiguren her: Beide besuchen den Ball, um eine bestimmte Person zu sehen – Romeo die Frau, die er liebt, Juliet den Mann, den sie lieben soll. Vor der Ballszene fügt Shakespeare dann noch ein Gespräch zwischen Romeo und seinen maskierten Freunden ein, für das Brooke nur wenige Anhaltspunkte liefern konnte – bei ihm heißt es lediglich, dass Romeus zusammen mit fünf Maskierten nach dem Abendessen in den Ballsaal eingedrungen sei (167f.). Sowohl die dunklen Vorahnungen Romeos (I.4.106–113) als auch Mercutios phantastische Erzählung über Queen Mab (I.4.53–95) sind mithin Erfindungen Shakespeares, wie überhaupt der Charakter des Mercutio gegenüber der Vorlage wesentlich individueller gestaltet ist – dort wird er nur anlässlich der Ballszene als beliebter und dreister Höfling erwähnt (254–262).

Nach den vier Expositionsszenen, in denen mit Ausnahme des Friar Laurence alle wichtigen Figuren vorgestellt und die Grundlinien der späteren Spannungen und Konflikte vorgezeichnet worden sind, schließt sich Shakespeare im weiteren Verlauf der Handlung enger an Brooke an. In der Ballszene (I.5) gibt es nur zwei nennenswerte Veränderungen: Brookes Bemerkung, dass die Capelets über Romeus’ Anwesenheit auf ihrem Ball erzürnt gewesen seien (183), bezieht Shakespeare ausschließlich auf Tybalt, der bei Brooke in dieser Szene überhaupt nicht vorkommt; dadurch wird erneut Tybalts Hass auf die Montagues betont und die Grundlage für den späteren Kampf mit Romeo gelegt. Das erste Gespräch zwischen Romeo und Juliet ist bei Shakespeare stark gekürzt, zugleich jedoch wesentlich kunstvoller gestaltet als bei Brooke – sowohl die Sonettform als auch das Wortspiel mit “pilgrim” und “palmer” (I.5.95–102) sind Neuerungen Shakespeares.


2. Akt

Auch für die 1. Szene des 2. Aktes – Benvolios und Mercutios Suche nach Romeo – sowie für den vorangestellten zweiten Chorus gibt es bei Brooke keine Entsprechungen. Brooke fügt nach der Ballszene einen langen Monolog Juliets über das Problem ihrer Liebe zu einem Montague ein (365–428), den Shakespeare in die Balkonszene (II.2) verlegt, in der er Romeo zudem als Lauscher auftreten lässt. Die Grundzüge des Gesprächs zwischen den Liebenden in dieser Szene fand Shakespeare bei Brooke vorgebildet (491–564), „nur daß er auch hier, wie überall, die epische Breite und Zerflossenheit seiner Quelle dramatisch zusammenfassen und beleben mußte.“[41] Auch im Falle von Friar Laurences Monolog, der den ersten Teil der Szene II.3 bildet, konnte er sich auf eine ausführliche Charakterisierung Brookes stützen (565–586), die freilich in wörtliche Rede umgewandelt werden musste. Friar Laurences anschließendes Gespräch mit Romeo findet sich in ähnlicher Form ebenfalls bei Brooke (587–616); hinzugefügt hat Shakespeare lediglich Laurences Vorwurf gegenüber Romeo, seine Liebe zu Rosaline so schnell vergessen zu haben (II.3.61–80), während er andererseits die Bedenken, die Laurence bei Brooke hinsichtlich einer Heirat zwischen Romeus und Juliet hegt (597–600), auslässt. Dass der Mönch zum Schluss dennoch in die Heirat einwilligt, weil er hofft, damit den Familienzwist beilegen zu können, geht, wie wir bereits sahen, bis auf da Porto zurück und ist somit kein neues Motiv Shakespeares.

Für den ersten Teil der folgenden Szene (II.4) konnte Shakespeare nicht auf eine Vorlage zurückgreifen, da zwei der beteiligten Personen – Benvolio und Mercutio – bei Brooke überhaupt nicht bzw. nur einmal vorkommen. Mithin sind sowohl Tybalts Duellforderung an Romeo (II.4.6–8) als auch die ausgedehnten Wortspielereien, an denen sich neben Mercutio und Benvolio auch Romeo beteiligt, als auch das Zusammentreffen Mercutios mit Juliets Amme Einfälle Shakespeares. Die Begegnung der Letzteren zeigt, auch wenn Mercutio die Amme fortwährend verspottet, doch eine deutliche Geistesverwandtschaft zwischen diesen beiden Figuren – für beide existiert Liebe nur im physischen Bereich, als sinnliche Befriedigung, eine Auffassung, die in krassem Gegensatz zu der von Romeo und Juliet vertretenen romantisch-utopischen Liebeskonzeption steht.[42] Die Gespräche zwischen der Amme und Romeo (II.4.155–205) sowie zwischen der Amme und Juliet (II.5) konnte Shakespeare im Wesentlichen wieder Brooke nachbilden (dort 631–704); weggelassen wurde in Szene II.4 der Bericht der Amme über Juliets Kindheit, den Shakespeare bereits im 1. Akt verwendet hatte, und hinzugefügt wurde in Szene II.5 das Motiv der Ungeduld Juliets, die Shakespeare noch dadurch verstärkt, dass die Amme ihre Botschaft bewusst hinauszögert. Was die Eheschließung zwischen Romeo und Juliet betrifft, so beschränkt sich Shakespeare in der Schlussszene des 2. Aktes auf die Vorbereitungen hierzu, ohne die Zeremonie selbst darzustellen, wie Brooke dies tut (754–769).


3. Akt

Während Brooke auf die Trauung sogleich die Hochzeitsnacht folgen lässt, beginnt Shakespeare den 3. Akt seines Dramas mit der Kampfszene, in deren Verlauf Tybalt von Romeo erschlagen wird (bei Brooke 955–1050). Der Anlass für den neuerlichen Streit ist ein anderer als bei Brooke – zwar tritt in beiden Fassungen Tybalt als „Händelsucher“[43] auf, doch Shakespeare führt als zusätzliches Motiv für Tybalts Hass auf Romeo dessen Erscheinen auf dem Ball der Capulets ein. Dass Mercutio sich in den Streit einmischt und als Erster mit Tybalt kämpft, ist ebenso eine Neuerung Shakespeares wie Mercutios Tod durch die Hand Tybalts. Romeos Versuch, Frieden zwischen den Kontrahenten zu stiften, findet sich auch bei Brooke (997–1002), doch gründet sich dieses Verhalten bei Shakespeare ausdrücklich auf die Tatsache, dass Romeo soeben mit einer Verwandten Tybalts vermählt worden ist (III.1.61–64,67–71), während Brooke kein spezielles Motiv für Romeus’ Friedfertigkeit angibt. Wenn Romeo am Ende doch in den Kampf hineingezogen wird, so geschieht dies bei Brooke aus Notwehr (vgl. 1007–1022); Shakespeares Romeo dagegen eröffnet selbst das Duell mit Tybalt, um den Tod Mercutios zu rächen (dieses Motiv findet sich bei Brooke selbstverständlich nicht, da Mercutio hier überhaupt nicht am Kampf teilnimmt). Tybalts Tod und Romeos Verbannung konnte Shakespeare wiederum der Vorlage entnehmen; dort erscheint Prince Escalus allerdings nicht auf dem Kampfplatz, sondern er fällt das Urteil in seiner Residenz (1040–1050). Dass dieses Urteil recht milde ausfällt, kann Shakespeare dadurch überzeugend motivieren, dass Mercutio, dessen Tod Romeo gerächt hat, ein Verwandter des Prinzen war.

Die nachfolgende Szene (III.2), in der die Amme Juliet über das Vorgefallene Bericht erstattet, ist im Wesentlichen Shakespeares Erfindung. Bei Brooke erfährt Juliet auf einem anderen, nicht näher bezeichneten Weg von Tybalts Tod und Romeos Verbannung, woraufhin sie in einen langen Klagemonolog ausbricht (1075–1158), aus dem Shakespeare einige Züge – insbesondere den Zwiespalt zwischen der Trauer um Tybalts Tod und um Romeos Verbannung sowie einige Metaphern – für sein Gespräch zwischen Juliet und der Amme entlehnt hat. Auch hier gelingt Shakespeare jedoch eine überzeugendere Motivierung als Brooke: Während dieser Juliet ohne nähere Begründung von einer Stimmung in die andere fallen lässt, fügt jener eine Äußerung der Amme ein, die Juliets Umschwung von der einen zur anderen Stimmung bewirkt – zuerst klagt Juliet Romeo als Mörder Tybalts an, doch als die Amme sich zu der Äußerung “Shame come to Romeo!” (III.2.90) hinreißen lässt, ergreift Juliet aus Protest sogleich für ihren Ehemann Partei. Eine weitere Veränderung gegenüber Brooke besteht darin, dass Juliet auf dem Höhepunkt ihrer Klagen nicht in Ohnmacht fällt (Brooke, 1159–1162), sondern lediglich ihren Tod herbeisehnt (III.2.137).

Der Klage Juliets gegenüber ihrer Amme in Szene III.2 entspricht in Szene III.3 die Klage Romeos gegenüber Friar Laurence, die Shakespeare wieder aus dem Gedicht Brookes übernehmen konnte (dort 1285–1512). Anders als bei Brooke hält Shakespeares Friar Laurence seinem Schützling jedoch keinen stoischen Vortrag, sondern er beschränkt sich im Wesentlichen auf praktische Ratschläge. Darauf folgt eine weitere von Shakespeare erfundene Szene, in der Paris erneut um Juliet wirbt und die Zustimmung des alten Capulet erhält; dass dies noch vor oder während der Hochzeitsnacht Romeos und Juliets geschieht, trägt weiter zur dramatischen Zuspitzung der Situation bei. Die Hochzeitsnacht selbst wird, ähnlich wie zuvor die Trauung, von Shakespeare ausgespart; dargestellt wird lediglich der Abschied am anderen Morgen (III.5.1–64), und auch dies in wesentlich knapperer Form als bei Brooke (dort 1527–1720). So verzichtet Shakespeare etwa auf Juliets Drohung, Selbstmord zu begehen, wenn Romeo sie nicht mitnehme (Brooke, 1579–1630), und ebenso auf Romeos Versprechen, in spätestens vier Monaten in Ehren nach Verona zurückzukehren (Brooke, 1673–1676). Zudem wird die Abschiedsszene gegenüber Brooke noch dadurch verkürzt, dass die Amme die Ankunft Lady Capulets ankündigt, was eine sofortige Flucht Romeos notwendig macht. Lady Capulet konfrontiert Juliet erneut mit der Werbung Paris’ – diesmal in der Hoffnung, ihre Tochter damit aufheitern zu können, da sie die Ursache für deren Trauer (wie bei Brooke, 1787–1798) im Tod Tybalts sieht. Hinzugefügt hat Shakespeare allerdings den Racheplan Lady Capulets, dem sich auch Juliet zum Schein anschließt (III.5.85–103; ihr Beschluss, Romeo zu vergiften, ist dabei wohl als ironische Vorausdeutung auf Romeos tatsächliche Todesart im 5. Akt aufzufassen). Der weitere Verlauf der Szene entspricht weitgehend der Vorlage: Juliet weist Paris’ Werbung zunächst gegenüber ihrer Mutter, dann gegenüber ihrem Vater zurück, woraufhin sie von diesem aufs Äußerste bedroht wird (vgl. Brooke, 1899–1990). Der Inhalt der Drohung weicht jedoch geringfügig von Brookes Fassung ab: Während Shakespeares Capulet seine Tochter vor die Wahl stellt, entweder Paris zu heiraten oder verstoßen zu werden, gibt es für Brookes Juliets keine Alternative zu einer Hochzeit mit Paris – da Capelet diesem bereits sein Versprechen gegeben hat, will er Juliet notfalls zur Ehe zwingen, um seine Ehre zu retten (1971–1990). Am Ende der Szene wird Juliet nicht nur von ihren Eltern, sondern auch von ihrer Amme allein gelassen, die offen die Partei der Eltern ergreift und die Vorzüge Paris’ preist (III.5.214–226); bei Brooke tut sie dies erst, nachdem Juliet scheinbar in die Heirat mit Paris eingewilligt hat (2295–2308).


4. Akt

Shakespeares 4. Akt beginnt wieder mit einer von ihm selbst geschaffenen Szene: Bevor Juliet – wie bei Brooke – zu Friar Laurence kommt, um ihn zu fragen, wie sie der Hochzeit mit Paris entgehen kann, wird uns Paris gezeigt, wie er mit Friar Laurence soeben die Vorbereitungen zu dieser Hochzeit treffen will. Das darauf folgende kurze Gespräch zwischen Paris und Juliet, in dem Juliet kühl und überlegt, aber doch diplomatisch auf die Worte ihres Freiers eingeht, stammt ebenfalls von Shakespeare, während der Dialog Juliets mit Friar Laurence bereits bei Brooke in aller Ausführlichkeit vorgebildet war (2005–2192). Shakespeare nahm auch hier erhebliche Kürzungen vor; bei ihm beschränkt sich der Mönch darauf, Juliet die Wirkungsweise des Schlaftrunks, den er als Rettungsmittel ersonnen hat, zu erklären, während er sich bei Brooke zuvor noch „wohlgefällig über seine naturwissenschaftlichen Studien“[44] auslässt. Aus dieser letzteren Passage hatte Shakespeare bereits einige Züge für seinen ersten Monolog Laurences (II.3.1–26) verwendet, „und da waren sie offenbar besser am Platze, als hier im Gedicht der schwerbedrängten Juliet gegenüber, für die solche Auseinandersetzungen in ihrer Noth kein Interesse haben konnten.“[45]

In die Zeit zwischen dem Erhalt des Schlaftrunks und der Entdeckung der scheintoten Juliet fügt Shakespeare zwei Momentaufnahmen der Hochzeitsvorbereitungen ein, für die Brooke kein Vorbild bot (IV.2.1–10,38–47 und IV.4). Die erste Szene wird verknüpft mit Juliets Rückkehr von Friar Laurence und ihrer scheinbaren Zustimmung zur Ehe mit Paris; auch dies schildert Shakespeare jedoch in wesentlich knapperer Form als Brooke (dort 2193–2254). Neu ist hingegen, wie bereits erwähnt, Capulets Vorverlegung der Hochzeit um einen Tag (IV.2.24), eine Änderung, die Friar Laurence dazu nötigt, Romeo früher zu verständigen, und Juliet dazu zwingt, den Schlaftrunk sofort zu sich zu nehmen. Vor der Einnahme des Trunks verleiht sie in einem längeren Monolog ihren Ängsten und Befürchtungen hinsichtlich der Wirkung des Mittels Ausdruck (IV.3.15–59); auch hierfür gab es in Brookes Gedicht eine Vorlage (2343–2398), aus der Shakespeare die meisten Motive übernehmen konnte. Hinzugefügt hat er im Wesentlichen drei Elemente: Erstens legt Juliet für den Fall, dass der Trank seine Wirkung verfehlt, einen Dolch neben sich (IV.3.21–23); zweitens kommt ihr in den Sinn, der Trank könnte ein Gift sein, das der Mönch ihr gegeben habe, um sie nicht zum zweiten Mal verheiraten zu müssen und dadurch seine Ehre zu verlieren (IV.3.24–29); drittens fürchtet sie, beim Aufwachen in der Gruft wahnsinnig zu werden und mit den Knochen ihrer Vorfahren ein „gräßliches Spiel zu treiben“[46] (IV.3.43–54). Während das Letztere später nicht eintrifft, hat Shakespeare die Motive des Dolches und des Giftes hier zweifellos mit Absicht im Hinblick auf die Rolle, die diese beiden Dinge im letzten Akt spielen, eingefügt. In der letzten Szene des 4. Aktes wird dann die Entdeckung der „toten“ Juliet geschildert, wobei sich Shakespeare recht eng an Brooke anschließt (dort 2403–2472). Anders als Brooke lässt er jedoch neben Juliets Mutter auch ihren Vater in laute Klagen ausbrechen (IV.5.34–40,59–64,84–90; bei Brooke ist er vor Schmerz sprachlos [2451–2454]); neu ist ferner der Auftritt Friar Laurences in dieser Szene sowie die Unterhaltung des Dieners Peter mit den Musikanten, die einen komischen Kontrast zu der Trauer um Juliet bildet (IV.5.100–141). Brookes ausführliche Beschreibung der italienischen Bestattungsgewohnheiten (2515–2525) wurde dagegen weggelassen, und auch die Beisetzung selbst wird auf der Bühne nicht dargestellt.


5. Akt

Hatte Brooke auf Romeos Abschied von Juliet eine längere Passage über dessen Leben im Exil in Mantua folgen lassen (1738–1780) – erwähnt wurde unter anderem seine Bekanntschaft mit dem Adel dieser Stadt sowie mit dem Herzog, der sich für seine Begnadigung einsetzen wollte –, so gibt es bei Shakespeare nur eine einzige Szene, die Romeo im Exil zeigt, nämlich die Eingangsszene des 5. Aktes, in der er die Nachricht von Juliets vermeintlichem Tod erhält. Auch diese Szene konnte Shakespeare aus seiner Quelle übernehmen (dort 2533–2610), wobei er einige Handlungsmomente knapper fasste (so etwa den Bericht des Dieners und Romeos Entschluss zum Selbstmord), andere dagegen erweiterte (dies gilt vor allem für die Beschreibung des Apothekerladens [V.1.42–48] und für Romeos Gespräch mit dem Inhaber [V.1.57–86]). Erst danach, in Szene V.2, erfährt der Zuschauer, warum Friar Laurences Bote Romeo nicht erreichen konnte; Shakespeare hat hier Brookes Reihenfolge umgestellt, um die tragische Bedeutung des Zufalls noch stärker hervorzuheben. Ansonsten enthält die Szene V.2 jedoch dieselben Fakten, die Brooke in einer erzählenden Passage ohne Dialog schildert (2487–2503).

Der Beginn der Schlussszene hingegen ist wieder Shakespeares eigene Erfindung: Er lässt Paris als Trauernden an Juliets Gruft auftreten und dort mit Romeo zusammentreffen; als Paris Romeo daran hindern will, die Gruft zu öffnen, kommt es zum Zweikampf, in dessen Verlauf Romeo Paris erschlägt. Wie Romeo zuvor seinen öffentlichen Rivalen Tybalt im Kampf getötet hatte, tötet er jetzt seinen privaten Rivalen Paris – eine Parallele, die in Brookes Gedicht noch nicht zu finden war. Der anschließende Monolog Romeos in der Gruft hat bei Brooke zwar ein Pendant (2643–2652, 2660–2670), doch übernimmt Shakespeare daraus nur wenige Motive, so etwa Romeos Bitte an den toten Tybalt, er möge ihm verzeihen (V.3.97–101); auch nimmt Shakespeares Romeo das Gift erst nach diesem Monolog zu sich, während Brookes Romeus es bereits vorher getan hatte. Bei Brooke spricht Romeus vor seinem Tod zudem noch ein Gebet (2674–2680), das Shakespeare weglässt. Die folgenden Ereignisse – Friar Laurences Ankunft, Juliets Erwachen und ihr Selbstmord – sind, von den üblichen Kürzungen abgesehen, wieder der Vorlage nachgebildet (dort 2689–2792); gestrichen wurden Juliets ausgedehnte Lamentationen angesichts des Todes ihres Ehemanns (Brooke, 2733–2760), als neues Motiv kommt hinzu, dass Juliet zunächst versucht, sich mit einem Rest von Romeos Gift umzubringen (V.3.161–166), bevor sie zu dessen Dolch greift.

Das Ende der Szene hat Shakespeare gegenüber Brooke wiederum extrem komprimiert. An die Stelle von Brookes ausführlicher öffentlicher Gerichtsverhandlung (2815–3000) tritt ein verhältnismäßig kurzer Auftritt des Prinzen Escalus vor der Gruft, sodass das Verhör an Ort und Stelle stattfinden kann. Friar Laurences Bericht wird von 134 auf 41 Verse gekürzt, das Urteil des Prinzen wird nur angedeutet – “Some shall be pardoned, and some punished” (V.3.308) heißt es bei Shakespeare, wo Brooke detailliert Urteile und Urteilsbegründungen referiert: Juliets Amme wird verbannt, der Apotheker gehängt, Friar Laurence und Romeos Diener freigesprochen (2987–3000). Indem Shakespeare auf diese Einzelheiten verzichtet, lenkt er die Aufmerksamkeit des Publikums stärker auf die Versöhnung zwischen den beiden Familien, die der Tod Romeos und Juliets bewirkt hat (V.3.296–304). Ein letzter Unterschied betrifft schließlich das Grabmonument, das den Liebenden errichtet werden soll: Bei Brooke werden sie, nachdem sie zuvor bereits aus der Gruft der Capelets herausgeholt und anlässlich der Gerichtsverhandlung öffentlich zur Schau gestellt worden waren, in einem neuen, mit Marmorsäulen und Epitaphen geschmückten Grab gemeinsam beigesetzt (3011–3020); bei Shakespeare dagegen bleibt Romeos Leiche offenbar in der Gruft der Capulets, und die Familienoberhäupter versprechen, dem Angehörigen der jeweils anderen Familie eine liegende Statue aus Gold zu stiften (V.3.299–304).


Personendarstellung

Zum Abschluss des Vergleichs zwischen den Romeo-und-Julia-Fassungen Brookes und Shakespeares soll nun noch auf Unterschiede in der Personencharakterisierung eingegangen werden. Wie bereits angedeutet, hat Shakespeare sein Personeninventar weitgehend von Brooke übernommen; die meisten Figuren wurden jedoch charakterlich vertieft und individueller ausgestaltet, sodass das Drama insgesamt wesentlich lebensnäher und realistischer wirkt als seine Vorlage. Auffallend ist dabei die Tendenz, Personen positiver, sympathischer darzustellen, als Brooke dies getan hatte, was insbesondere an den Hauptfiguren zu beobachten ist.

Brookes Juliet macht einen erfahrenen, listigen und berechnenden Eindruck: Sie kennt die Symptome der Verliebtheit und kann daher Romeos Verhalten ihr gegenüber richtig deuten (413–422); sie spricht noch vor Friar Laurence die Hoffnung aus, dass eine Heirat mit Romeo den Familienstreit beenden könnte (427f.); sie weiß, wie sie ihre Mutter täuschen kann (637–640, 713–718) – Brooke selbst bezeichnet sie als “wyly wench” (717) –, und sie scheint Paris nach ihrer scheinbaren Zustimmung zur Hochzeit durchaus Hoffnungen zu machen (2277f.). Bei Shakespeare dagegen wirkt Juliet unschuldiger, unerfahrener, offener, ja kindlicher, und in der Tat hat Shakespeare, um diesen Eindruck zu unterstreichen, ihr Alter gegenüber Brooke um zwei Jahre herabgesetzt: Bei ihm ist Juliet nicht einmal 14 Jahre alt, wie in den ersten Szenen mehrfach betont wird (I.2.9, I.3.13,15,18,22), während sie bei Brooke immerhin knapp 16 Jahre alt war (aber selbst dort wurde sie noch als zu jung zum Heiraten angesehen [1860]). Im Laufe des Stücks macht Juliet freilich einen inneren Reifungsprozess durch, der ihre kindliche Naivität allmählich verschwinden lässt; kennzeichnend hierfür ist beispielsweise der Monolog, in dem sie ihre Sehnsucht nach der Hochzeitsnacht mit Romeo zum Ausdruck bringt (III.2.1–31), oder auch ihre Entschlossenheit, nach der Verbannung Romeos ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen (IV.1.52–67,77–83).

Wie Juliet erscheint auch Romeo in Shakespeares Darstellung lebhafter, leidenschaftlicher und in manchen Zügen positiver als bei Brooke; Letzteres zeigt sich z.B. an dem bereits mehrmals erwähnten Umstand, dass Romeo den Ball im Hause Capulet nicht besucht, um einen Ersatz für seine Angebetete Rosaline zu finden – wie bei Brooke –, sondern um sie zu sehen. Überhaupt widmet Shakespeare Romeos Liebe zu Rosaline mehr Aufmerksamkeit als Brooke. Brooke beschreibt eine gewöhnliche unerwiderte Liebe (57–100); Shakespeare dagegen stellt diese Liebe in die petrarkistische Tradition (vgl. II.4.38f.), wie an den zahlreichen Hyperbeln, conceits, Wortspielen und Oxymora, die Romeo im Zusammenhang mit seiner Liebe zu Rosaline verwendet, deutlich zu erkennen ist (vgl. besonders I.1.175–181,189–193,207–223, I.2.88–93). Auf diese Weise schafft Shakespeare einen Kontrast, der bei Brooke noch nicht vorhanden war: Der echten, tiefen, auf Gegenseitigkeit beruhenden Liebe zu Juliet steht die konventionelle, in bloßen Sprachfiguren sich ergehende petrarkistische Liebe gegenüber, die in Wirklichkeit keine Liebe zu einer anderen Person ist, sondern Verliebtheit in die Liebe und damit letztlich in sich selbst. Auch Romeo erfährt mithin im Laufe des Stücks eine Entwicklung, die ihn zu echter, ursprünglicher Liebe und zu menschlicher Reife führt.

Noch bedeutsamer als die Veränderungen der Hauptfiguren sind die der Nebenfiguren. Wie wir bereits sahen, stellt Shakespeare mehrere Personen, die bei Brooke erst später und auch dann oft nur vorübergehend erwähnt werden, bereits im 1. Akt vor, wodurch ihre Bedeutung für die Gesamthandlung erheblich vergrößert wird. So erscheint etwa Tybalt bereits in der ersten Szene als streitsüchtiger Anführer der Capulets, als Verkörperung brutaler Aggression; sein Hass gegen die Montagues zeigt sich anschließend in seinem Verhalten gegenüber Romeo auf dem Ball (I.5) und in seiner Duellforderung (II.4), sodass sein Kampf mit Romeo im 3. Akt kein unerwartet eintretendes Ereignis (wie bei Brooke), sondern der Endpunkt einer von Anfang an vorbereiteten Entwicklung ist. Als Gegenfigur zu Tybalt präsentiert Shakespeare den milden Benvolio, den er, wie erwähnt, aus einer kurzen Andeutung Brookes entwickelte. Die dritte wichtige Figur im Zusammenhang mit der Familienfehde ist Mercutio; auch er kommt bei Brooke nur einmal vor, nämlich in der Ballszene, wo es von ihm heißt, er sei

A courtier that eche where was highly had in pryce,
For he was coorteous of his speeche, and pleasant of devise
Even as a Lyon would emong the lambes be bolde,
Such was emong the bashfull maydes, Mercutio to beholde.
(255–258)

Was Shakespeare aus diesen wenigen Versen macht, ist sicherlich seine größte personelle Veränderung überhaupt. Bei ihm ist Mercutio kein bloßer Höfling, sondern ein Verwandter des Prinzen, ein Freund Romeos und ein „Parteigänger der Montagues“,[47] der an beiden Kampfszenen beteiligt ist und dessen Tod zum Duell zwischen Romeo und Tybalt und damit auch zum tragischen Umschlagen der Handlung führt. Mit seinem Witz, seiner Schlagfertigkeit und seinen zweideutigen Wortspielen gehört er zu den komischen Figuren des Stücks; sein spöttischer Skeptizismus und Pragmatismus bildet einen Gegenpol zu Romeos romantischem Idealismus, wie insbesondere die Szenen I.4 und II.4, in denen Shakespeare die beiden Haltungen aufeinandertreffen lässt, veranschaulichen.

Dem Verhältnis zwischen Romeo und Mercutio entspricht auf der Seite der Capulets das Verhältnis zwischen Juliet und ihrer Amme – auch sie ist eine pragmatisch veranlagte, geschwätzige Person mit Neigung zu sexuellen Anspielungen; ihre Vulgarität und erfahrene Frivolität kontrastiert mit der jugendlichen Unschuld und Unerfahrenheit Juliets. Anders als bei Mercutio konnte Shakespeare aber hier auf eine detailliert ausgearbeitete Vorlage zurückgreifen – schon bei Brooke war der Charakter der Amme im Wesentlichen so gezeichnet, wie wir ihn aus Shakespeares Drama kennen; intensiviert hat Shakespeare vor allem das komische Potential der Figur, wie überhaupt die komödienhaften Elemente des Stücks fast ausschließlich seine Erfindung sind – bei Brooke gibt es kaum Anzeichen von Humor, zumal Figuren wie die Diener Sampson, Gregory und Peter, die in Shakespeares komischen Szenen eine wichtige Rolle spielen, in seinem Gedicht überhaupt nicht vorkommen. Dass Shakespeare der Komik einen so großen Raum gibt, mag in Anbetracht der Tatsache, dass es sich bei dem Stück um eine Tragödie handelt, zunächst verwundern, und in der Tat enthält auch keine andere Tragödie Shakespeares so viele komische Passagen. Indem der Autor jedoch den blutigen Kampf- und den lyrischen Liebesszenen eine derb-komische Sphäre gegenüberstellt, zeigt er, dass das Tragische in der Welt „nur ein Element unter anderen ist“, sodass „die Katastrophe zunächst keineswegs unvermeidlich erscheint“;[48] andererseits tragen die komischen Szenen dazu bei, „die Jugend, Unschuld und Reinheit des Liebespaares inmitten einer verständnislosen und von Zwietracht erschütterten Welt“[49] umso deutlicher hervortreten zu lassen.

Neben Tybalt, Benvolio und Mercutio gehört auch Graf Paris zu den Figuren, denen Shakespeare eine größere Bedeutung beimisst als Brooke. Bei Brooke wird Paris erst nach Romeus’ Verbannung zum ersten Mal erwähnt (1882); Shakespeare dagegen präsentiert ihn gleich zu Beginn als Freier Juliets (I.2) und lässt ihn im Verlauf des Stücks in vier weiteren Szenen auftreten (III.4, IV.1, IV.5, V.3), von denen nur eine (nämlich IV.5 – Paris’ Klage nach der Entdeckung von Juliets Scheintod) auf einen Hinweis Brookes zurückgeht (2443). In keiner der beiden Fassungen trägt Paris jedoch individuelle Züge; auch bei Shakespeare verharrt er in der Rolle des konventionellen Liebhabers, dessen Werbung – anders als die leidenschaftliche, alle Konventionen sprengende Liebe Romeos – den traditionellen Vorstellungen entspricht und öffentlich akzeptiert wird. Dennoch ist Paris nicht eigentlich als negativer Charakter gezeichnet; dass er in die Tragödie hineingezogen wird, ist nicht seine Schuld, zumal er von der Liebe zwischen Juliet und Romeo bis zuletzt nichts weiß (vgl. V.3.49–55). Bemerkenswert ist auch, dass sein letzter Wunsch, an der Seite Juliets beigesetzt zu werden, von Romeo mit geradezu liebevollen Worten erfüllt wird (V.3.72–87).

An den übrigen Figuren hat Shakespeare nur geringfügige Veränderungen vorgenommen. Friar Laurence ist wie bei Brooke Freund und Beichtvater beider Familien; allerdings betont Shakespeare weniger seine Berühmtheit und sein öffentliches Ansehen (wie Brooke, 565–582) als sein Interesse an heilkräftigen und giftigen Pflanzen (II.3.1–26). Gänzlich gestrichen hat er dagegen Brookes Bemerkung, der Mönch habe die Klosterzelle, in der er Romeo nach dessen Verbannung vorübergehend versteckt, in seiner eigenen Jugend, als “love and fond desyre” (2123) in seinem Herzen brannten, für amouröse Abenteuer genutzt (1273) – ein weiterer Beleg für Shakespeares Tendenz, Figuren positiver darzustellen als die Quelle. Dies gilt freilich nicht für die Eltern der Liebenden, insbesondere nicht für den alten Capulet, der in seiner Unbeherrschtheit und Brutalität dem Brooke’schen Vorbild in nichts nachsteht. Shakespeare verstärkt zusätzlich seine Irrationalität und Unberechenbarkeit, sodass er nicht nur die den Liebenden feindlich gesonnene Umwelt, sondern gewissermaßen Fortuna selbst repräsentiert, das unbeständige Schicksal, das (wie bei Brooke) für das tragische Ende der Protagonisten verantwortlich gemacht wird (vgl. bereits den Prolog sowie die zahlreichen Hinweise auf “fortune” und die Sterne). Die Liebenden selbst trifft keine Schuld an ihrem Unglück; die uneingeschränkt positive Darstellung, die sie erfahren, zeigt deutlich, auf welcher Seite die Sympathien des Autors liegen. Auch hierin stimmt Shakespeare mit Brookes Text überein, nicht jedoch mit dessen moralisierender Vorrede, die – in eigentümlichem Widerspruch zur Erzählung – das Verhalten der Liebenden als sündig verurteilt hatte.


Zusammenfassung

Am Ausgangspunkt unserer Überlegungen stand die Frage, wodurch es William Shakespeares Romeo-und-Julia-Bearbeitung gelungen ist, alle früheren Fassungen des Stoffes aus dem allgemeinen Bewusstsein zu verdrängen. Die vorstehende Untersuchung hat gezeigt, dass keine radikalen Veränderungen der Handlung und der Personen hierfür verantwortlich waren – sowohl im allgemeinen Handlungsverlauf als auch im Personeninventar lehnt sich Shakespeare erstaunlich eng an seine Quelle, die Verserzählung The Tragicall Historye of Romeus and Juliet von Arthur Brooke, an. Was das Werk über die Vorlage hinauswachsen lässt, sind vielmehr die Änderungen in der äußeren Struktur und im Detail: Durch die Zusammendrängung des Geschehens auf wenige Tage, die Umstellung von Hochzeitsnacht und Verbannung, die frühe Einführung der Gegenspieler Romeos und die rigorose Kürzung von Brookes ausgedehnten Monologen und Dialogen wird die Spannung und dramatische Intensität gegenüber der Quelle erheblich gesteigert; hinzu kommen die zahlreichen Modifikationen in Details der Handlung und der Personencharakterisierung, die das Stück insgesamt effektvoller und die Figuren individueller und realistischer, zum Teil auch sympathischer erscheinen lassen. Nicht vergessen werden sollten schließlich die komischen Szenen, die Shakespeare hinzugefügt hat und die einen eigenartigen Kontrapunkt zu der tragischen Grundstimmung des Werkes bilden. Alle diese Veränderungen haben dazu beigetragen, dass – wie es Nicolaus Delius in der Sprache des 19. Jahrhunderts ausdrückte – „aus einem epischen Gedicht voll ermüdender Weitschweifigkeit und pedantischer Lehrhaftigkeit ein regelrechtes Drama voll lebendiger Handlung und packender Darstellung, voll Glut der Leidenschaft und voll scharfer Charakteristik der Personen“[50] entstehen konnte.


Literatur

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Shakespeare, William: Romeo and Juliet [1595/96]. Hrsg. von Herbert Geisen. RUB 9005. Stuttgart (Reclam) 1994.

Sekundärliteratur

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Anmerkungen

[1] Vgl. Koppenfels, S. 559.

[2] Vgl. Frenzel, S. 657–660.

[3] Vgl. Evans, S. 6.

[4] Vgl. Koppenfels, S. 565.

[5] Vgl. Simrock, S. 85–95; Erskine, S. 218f.; Evans, S. 6.

[6] Simrock, S. 85. Auch Gottfried Keller spricht in der Einleitung seiner Novelle Romeo und Julia auf dem Dorfe von einer Fabel, die „tief im Menschenleben [...] wurzelt“ und die „stets [...] in neuem Gewande wieder in die Erscheinung“ tritt (S. 3).

[7] Vgl. Simrock, S. 83f.; Schulze, S. 153–156; Bullough, S. 269; Gibbons, S. 33; Watts, S. 15f.

[8] Vgl. Simrock, S. 81–83; Schulze, S. 150–153; Bullough, S. 269f.; Gibbons, S. 33f.; Frenzel, S. 657f.; Watts, S. 16. Eine deutsche Übersetzung der Novelle ist abgedruckt bei Fischer, S. 1–9.

[9] Vgl. Schulze, S. 143–148; Bullough, S. 270f.; Muir, S. 38; Gibbons, S. 34f.; Frenzel, S. 658; Watts, S. 16f.; Koppenfels, S. 560. Deutsche Übersetzung der Novelle bei Fischer, S. 11–31.

[10] Vgl. Schulze, S. 163–170; Bullough, S. 271f.; Gibbons, S. 35f.; Frenzel, S. 658. Deutsche Übersetzung der Novelle bei Fischer, S. 33–68.

[11] Vgl. Schulze, S. 170–177; Bullough, S. 272–274; Gibbons, S. 36; Frenzel, S. 658f. Deutsche Übersetzung der Novelle bei Fischer, S. 69–108.

[12] Vgl. Schulze, S. 183–185; Bullough, S. 273; Muir, S. 39; Evans, S. 7; Frenzel, S. 660.

[13] Alle Zitate und Stellenangaben aus The Tragicall Historye of Romeus and Juliet folgen dem Abdruck bei Bullough, S. 284–363.

[14] Vgl. Schulze, S. 177–183; Bullough, S. 274f.; Mason, S. 5 u. 15–17; Gibbons, S. 36f.; Mehl, S. 32f.; Evans, S. 7f.; Frenzel, S. 660; Watts, S. 17f. u. 22f.; Koppenfels, S. 560. Brookes Gedicht ist außer bei Bullough auch bei Fischer, S. 109–249, abgedruckt (mit deutscher Übersetzung).

[15] Vgl. Bullough, S. 274; Muir, S. 39.

[16] Vgl. Simrock, S. 97f.

[17] Vgl. Moore, S. 68–73.

[18] Moore, S. 74.

[19] Vgl. Evans, S. 7, Anm. 1.

[20] Diese Möglichkeit erwägt auch Moore selbst (S. 74).

[21] Vgl. Muir, S. 38.

[22] Muir, S. 39.

[23] Alle Stellenangaben und Zitate aus Romeo and Juliet folgen der von Herbert Geisen herausgegebenen englischsprachigen Reclam-Ausgabe, deren Text mit dem der New Penguin Edition (hrsg. von T.J.B. Spencer) identisch ist.

[24] Vgl. Muir, S. 38f.; ausführlich dazu Schulze, S. 196–202.

[25] Vgl. Evans, S. 7, Anm. 1; ausführlich dazu Schulze, S. 204–218.

[26] Vgl. Evans, S. 7; Schulze, S. 218.

[27] Vgl. Evans, S. 123 u. 201.

[28] Vgl. Evans, S. 160; Muir, S. 39; Schulze, S. 218f. Bei Brooke heißt es: “(according to the quantitie he taketh,) / Longer or shorter is the time before the sleper waketh” (2139f.).

[29] Vgl. Evans, S. 178; Schulze, S. 218.

[30] Delius, S. 215.

[31] Delius, S. 215.

[32] Mehl, S. 33f.

[33] Das dem Werk vorangestellte Sonett spricht sogar von 3 Monaten (Vers 5).

[34] Mehl, S. 34.

[35] Nach Evans, S. 10.

[36] Vgl. Spevack, S. 366, 374, 383, 398f., 404.

[37] Am häufigsten – 14-mal – wird der Donnerstag genannt, dem als ursprünglich vorgesehenem Termin für die Hochzeit Juliets mit Paris tragische Bedeutung zukommt (vgl. III.4.20,28–30; III.5.112,153,161,191; IV.1.1,20,42,49; IV.2.36); daneben kommen vor Mittwoch (III.4.17,19; IV.1.90) und Montag (III.4.18f.). Vgl. Spevack, S. 382, 397, 401.

[38] Geisen, S. 162, Anm. 6.

[39] Delius, S. 218.

[40] Delius, S. 219.

[41] Delius, S. 220.

[42] Vgl. Mehl, S. 38–40.

[43] Delius, S. 221.

[44] Delius, S. 223.

[45] Delius, S. 223.

[46] Delius, S. 225.

[47] Delius, S. 219.

[48] Mehl, S. 35.

[49] Mehl, S. 35.

[50] Delius, S. 215.


© 1996 by Michael Schneider • Letzte Änderung: Montag, 6. März 2017